Kommentar: Tablets in Kinderhänden, alles im grünen Bereich

Spielsucht, Verhaltensstörungen, schädliches Multitasking, magnetische Belastung und gekaufte Lehrer, mit diesen Schlagworten berichtet SRF in der Sendung Rundschau über den zunehmenden Einsatz von Tablets in Schulen und Kindergärten: „Tablets in Kinderhänden, ein Erdrutsch in der Pädagogik und ein gutes Geschäft für die IT Industrie.“

Diese Art von Kulturpessimismus ist nicht neu. In den Anfängen des Fernsehens wussten die übrigen Medien von drohenden Augenschäden, verminderter Lesefähigkeit, der Verrohung der Jugend und dem Zerfall der familiären Gesprächskultur. Das war vor rund 60 Jahren. Geblieben ist die Erkenntnis, dass die Verbreitung des Mediums nicht aufzuhalten ist und es aus pädagogischer Sicht höchstens darum gehen kann, einen differenzierten Umgang zu lehren.

Genau hier können Schule und Forschung ihren Beitrag leisten, was im Rundschau-Beitrag zur Tablet-Nutzung in Schulen und Kindergärten auch klar zum Ausdruck kommt. Die Rundschau bemüht sich zwar, den Spiess umzudrehen, so wirklich gelungen ist das aber nicht. Spätestens die Anschlussdiskussion mit Peter Zemp, dem Präsident des Schweizerischen Lehrerverbands, rückt die Geschichte ins richtige Licht.

 

Alles halb so dramatisch. Und weshalb? Weil dem Kindergärteler Vincent sowieso „die Pause am besten gefällt“. Nein, im Ernst, weil die „Computer-Kids“ mit dem Tablet vor allem das machen, was sie schon immer machen mussten: „Sie schreiben damit Aufsätze, recherchieren und lösen Mathe-Aufgaben“ (O-Ton Rundschau). Im Kindergarten werden Eichhörnchen gezeichnet, aber halt nicht ausschliesslich mit Farbstiften, sondern auch computergestützt.

Lehrer, die sich von Geräteherstellern als Lobbyisten einspannen lassen, gefährden natürlich die Unabhängigkeit der öffentlichen Schulen. Das mag auch Peter Zemp nicht verneinen. Mit dem Für und Wider den Schuleinsatz von Tablets hat das aber nichts zu tun. Appel und Samsung buhlen um die Lehrer, wie es Buchverlage und Hersteller von Videobeamern auch tun. Nur das Honigtöpfchen ist  halt ein bisschen grösser.

Aus der Milchbuchrechnung der Rundschau resultiert allein für den Schweizer Markt ein Umsatzpotential von 750 Mio. Franken. Dass das auf allen Seiten Versuchungen weckt, wird niemanden erstaunen. Bleibt lediglich zu hoffen, dass das Werbeverbot an öffentlichen Schulen, die Wegleitungen des Lehrerverbands und aufmerksame Medien groben Missbrauch verhindern können.